
Grundlagen der Windenergie
1. Was ist Wind?
Als Wind bezeichnet man gerichtete, stärkere Luftströmungen innerhalb der Erdatmosphäre.
Diese entstehen als Ausgleichströmung zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten innerhalb eines globalen Strömungssystems. Alle Winde gehören einem geschlossenen Strömungskreislauf an.

Die Luftströmungen bzw. die Winde lassen sich mittels Windrichtung und Windgeschwindigkeit näher beschreiben und kategorisieren.
Die Bestimmung der Windrichtung wird mit Hilfe von Windfahnen durchgeführt. Diese richten sich durch den ausgeübten Winddruck aus. Die daraus abgeleitete Darstellung der Windrichtung wird auch Windrose genannt und erfolgt in Polardiagrammen.
Aufgrund der geografischen Lage innerhalb des nördlichen Westwindgürtels treten westliche bis südwestliche Winde in Deutschland am häufigsten auf.

Die Windgeschwindigkeit lässt sich granularer in Momentan- und Mittelwerte unterscheiden. Zur Bestimmung der Momentanwerte oder auch momentanen Windgeschwindigkeit werden Druckplatten-Anemometer verwendet. Für die Mittelwertmessung werden Schalenkreuz-Anemometer und Flügelrad-Anemometer verwendet. Gemäß VDI-Richtlinien und DIN-Normen zu metrologischen Messungen wird die Windgeschwindigkeit in einer Höhe von 10 Metern über Grund genommen. Die resultierende Windgeschwindigkeit wird in Windstärken nach der Beaufort-Skala eingeteilt und in der Einheit m/s oder km/h angegeben.
2. Beaufort Skala
Beaufortgrad 0
Bezeichnung:
Windstille
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
0 - 0,2 m/s oder <1km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Rauch steigt senkrecht auf
Beaufortgrad 1
Bezeichnung:
Leiser Zug
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
0,3 - 1,5 m/s oder 1 - 5 km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Windrichtung angezeigt durch den Zug des Rauches
Beaufortgrad 2
Bezeichnung:
Leichte Brise
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
1,6 – 3,3 m/s oder 6 - 11 km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Wind im Gesicht spürbar, Blätter und Windfahnen bewegen sich
Beaufortgrad 3
Bezeichnung:
Schwache Brise, schwacher Wind
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
3,4 - 5,4 m/s oder 12 - 19 km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Wind bewegt dünne Zweige und streckt Wimpel
Beaufortgrad 4
Bezeichnung:
Mäßige Brise, Mäßiger Wind
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
5,5 - 7,9 m/s oder 20- 28 km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Wind bewegt Zweige und dünnere Äste, hebt Staub und loses Papier
Beaufortgrad 5
Bezeichnung:
Frische Brise, Frischer Wind
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
8 – 10,7 m/s oder 29 - 38 km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Kleine Laubbäume beginnen zu schwanken, Schaumkronen bilden sich auf Seen
Beaufortgrad 6
Bezeichnung:
Starker Wind
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
10,8- 13,8 m/s oder 39 - 49 km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Starke Äste schwanken, Regenschirme sind nur schwer zu halten, Telegrafenleitungen pfeifen im Wind
Beaufortgrad 7
Bezeichnung:
Steifer Wind
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
13,9 – 17,1 m/s oder 50 – 61km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Fühlbare Hemmungen beim Gehen gegen den Wind, ganze Bäume bewegen sich
Beaufortgrad 8
Bezeichnung:
Stürmischer Wind
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
17,2 – 20,7 m/s oder 62 – 74km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Zweige brechen von Bäumen, erschwert erheblich das Gehen im Freien
Beaufortgrad 9
Bezeichnung:
Sturm
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
20,8 – 24,4 m/s oder 75 – 88km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Äste brechen von Bäumen, kleinere Schäden an Häusern (Dachziegel oder Rauchhauben abgehoben)
Beaufortgrad 10
Bezeichnung:
Sturm
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
24,5 – 28,4 m/s oder 89 - 102km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Wind bricht Bäume, größere
Beaufortgrad 11
Bezeichnung:
Orkanartiger Sturm
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
28,5 – 32,6 m/s oder 103 – 117km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Wind entwurzelt Bäume, verbreitet Sturmschäden
Beaufortgrad 12
Bezeichnung:
Orkan
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Höhe über freiem Gelände:
Ab 32,7 m/s oder ab 118km/h
Beispiele für die Auswirkungen des Windes im Binnenland:
Schwere Verwüstungen
3. Wie entsteht Wind?
Die Luftströmungen oder der Wind entsteht indirekt durch die Sonne. Die von der Sonne ausgehende, energiereiche Strahlung wird von der Erdoberfläche absorbiert und in die darüberliegende Atmosphäre zurückgegeben. Aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten der Erdoberfläche werden das Festland und die Ozeane unterschiedlich stark erwärmt.
Die ungleiche Erwärmung der Erdatmosphäre verursacht starke Temperatur- und Dichteunterschiede, diese erzeugen eine abfallende oder aufsteigende Luftströmung. Einhergehend mit den resultierenden Luftdruckunterschieden entstehen Hoch- und Tiefdruckgebiete. Die Ausgleichsströmung zwischen diesen Gebieten wird als Wind bezeichnet. In Bodennähe erfolgt der verbundene Stoff- und Energietransport der Luftströmung stets in Richtung des Druckgefälles von Gebieten höheren Luftdrucks zu Gebieten niedrigeren Luftdrucks.
4. Was sind globale Windsysteme?
Die Sonneneinstrahlung ist, durch den flacheren Einfallswinkel und den längeren Weg durch die Atmosphäre, an den beiden Polen deutlich geringer. Im Vergleich dazu ist die Einstrahlung am Äquator wesentlich höher und es entsteht eine beständige Aufwärtsströmung warmer Luft. Hierdurch bildet sich um den Äquator ein Art Band niedrigen Luftdrucks. Beachte: Faktisch ist die Erde keine glatte Kugel. Am Äquator ist sie etwas ausgebuchtet, dafür an den Polen abgeflacht. Grund dafür ist die Rotation unseres Planeten. Das führt dazu, dass man am Nordpol dem Erdmittelpunkt näher ist als am Äquator, dafür jedoch weiter von der Sonne entfernt.
Zum Austausch und Ausgleich der polaren und äquatorialen Luftmassen bilden sich globale Ausgleichssysteme – die auch globale Strömungssysteme oder globale Windsysteme genannt werden. Die Bildung dieser wird durch die Erwärmung der Atmosphäre und die Erdrotation bedingt. Diese übt in mehreren Dimensionen auf die Windverhältnisse ein.
Zum einen lenkt, die aus der Rotation der Erde resultierende Coriolis-Kraft, die Strömungsrichtung von West nach Ost und vom Äquator zu den Polen umgekehrt ab. So wird auf der nördlichen Halbkugel der Nordwind zum Nordostwind, während der Südwind zu einem Südwestwind abgelenkt wird. Auf der südlichen Halbkugel werden die Winde dagegen nach links abgelenkt. Diese Auswirkung ist in den typischen spiralförmigen Luftausgleichsbewegungen, wie sie in Tiefdruckgebieten vorkommen, anhand der entstehenden Wolkenbilder zu sehen. Die Bewegung der Luftmassen in einer Höhe von 100-2000m wird als geostrophischer Wind bezeichnet.
Zum anderen hat jedes Teilchen der Luft, in mittlerer Höhe und bedingt durch die Erdrotation, einen Rotationsimpuls. Dieser Impuls ist von West nach Ost gerichtet. Wenn sich die molekularen Teilchen nun in die Richtung der Pole bewegen, kommen Sie automatisch der Rotationsachse der Erde näher. Dabei nehmen die Teilchen aufgrund der Impulserhaltung an Geschwindigkeit von West nach Ost zu. Dieses Verhalten ist am Äquator kleiner und bedingt somit den Westdrift, der dem globalen Windsystem entgegengerichtet ist.
Neben den globalen Windsysteme existieren so genannte Windgürtel. Diese entstehen aufgrund der unterschiedlichen Verteilung von Land- und Wassermassen, die wiederum unterschiedliche Wärmekapazitäten aufweisen. Zudem wird das globale Windsystem durch lokale Hoch- und Tiefdruckgebiete beeinflusst. In jedem Tiefdruckgebiet bilden sich spiralförmige Luftmassen, die in Bodennähe zum Inneren strömen und dort zum Aufsteigen gezwungen werden. In einer Höhe von 7,5 bis 18 Kilometer strömen diese Luftmassen wieder seitlich ab. In einem Hochdruckgebiet sinken diese Luftmassen in einer Spirale mit entgegengesetzter Drehrichtung zu Boden. Der sich somit bildende Wirbel lässt die Luftmassen nach außen strömen.
5. Was ist Windenergie?
Die Windenergie entsteht durch sich bewegende Luftmassen und Luftströmungen. Jede bewegte Masse egal ob Körper, Flüssigkeit oder Gase enthalten kinetische Energie oder auch Energie der Bewegung. Das Wort kinetisch stammt vom griechischen Wort kinesis = Bewegung ab.
Die kinetische Energie wird wie folgt definiert:
Die kinetische Energie ist gleich der Hälfte der Masse des Körpers m mal dem Quadrat der Geschwindigkeit v.
Bei Windkraftanlagen ist die Luft, die durch die Rotorfläche der Windenergieanlage strömt, die bewegte Masse.
6. Wie kann die Windenergie genutzt werden?
Die kinetische Energie des Windes kann durch Umwandlung in andere Energieformen gezielt genutzt werden. Die entzogene kinetische Energie bezieht sich i.d.R. auf eine bestimmte Zeitspanne, in der sich die Wind- und Betriebsverhältnisse häufig ändern. Daher wird oftmals die Leistung oder auch dem „Augenblickswert der Energie“ betrachtet und der Betrag der entstehenden Energie durch eine zeitliche Kumulierung ermittelt.
Moderne Windkraftanlagen, kurz WKA, bestehen aus einem oder mehreren Rotorblättern. Gängige Rotoren bestehen am häufigsten aus drei Rotorblättern. Über die Rotorblätter der Windkraftanlage wird die kinetische Energie des Windes in eine Drehbewegung des Rotors umgewandelt. Hierbei entsteht die mechanische Leistung an der Rotorwelle. Diese kann bei einer bestimmten Drehzahl an eine Arbeitsmaschine z. B. einem Generator übertragen und in elektrische Energie umgewandelt werden.
Die Umwandlung der kinetischen Energie in elektrische Energie unterliegt, wie bei allen Energiewandlungen Verlusten. So kann eine WKA dem Wind physikalisch gesehen nicht mehr als 59 % seiner Leistung entnehmen. Die Energie geht an sich jedoch nicht verloren, sie äußert sich z. B. in Form von Wärmeenergie oder Reibungsenergie. Zusätzlich kommen noch aerodynamische Verluste durch Verwirbelungen am Rotorblatt hinzu. Weitere Verluste oder Energietransformationen entstehen innerhalb der Bauteile der WKA selbst. So sind Verluste am Generator, dem Lager, dem Getriebe oder in den Umrichtern und Kabeln zu finden.
Quellenverzeichnis des Artikels
- Deutscher Wetterdienst (2020), Richtlinie Automatische nebenamtliche Wetterstationen im DWD, Frankfurter Straße 135, Offenbach.
- Deutscher Wetterdienst: www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html
- Hau E. (2014) Windverhältnisse. In: Windkraftanlagen. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg.
- Heier S. (2018) Windenergieanlagen. In: Windkraftanlagen. Springer Vieweg, Wiesbaden.
- Kaltschmitt M., Özdirik B., Reimers B., Schlüter M., Schulz D., Sens L. (2020) Stromerzeugung aus Windenergie. In: Kaltschmitt M., Streicher W., Wiese A. (eds) Erneuerbare Energien. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg.
- MO (2008) Guide to meteorological instruments and methods of observation (updated 2010, 2012). WMO, No. 8:7th edition.
- Reich G., Reppich M. (2018) Nutzung der Windenergie. In: Regenerative Energietechnik. Springer Vieweg, Wiesbaden.
- Wueste, Marco: Nordpol oder Äquator: Wo wiegt der Mensch mehr? - CHIP (Zugriff 21.10.2021)